Flüchtlinge in Ludwigshafen - Ein Abend mit Bürgermeister Wolfgang van Vliet

Veröffentlicht in Pressemitteilung

„Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit.“ - Obwohl dieser Satz des großen SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher während der Juso-Sitzung vom 17.11.2014 nie ausgesprochen wurde, schwebte er über der Veranstaltung. Die Jusos-LU hatten den SPD Bürgermeister Wolfgang van Vliet zu einem Vortrag und zur Diskussion geladen. Van Vliet sprach zu der Lage der Flüchtlinge in der Stadt Ludwigshafen. Als Dezernent für Soziales, Integration und Sport fällt auch die Unterbringung so genannter „unfreiwillig Wohnungsloser“ - also auch von Flüchtlingen - in Ludwigshafen in seine Zuständigkeit.

 

Die Mitarbeiter des Dezernats 5 der Stadt Ludwigshafen empfangen jede Woche eine Kleinbusladung neu eingetroffener Flüchtlinge vor dem Stadthaus Nord am Europaplatz, die sie irgendwie in Ludwigshafen unterbringen müssen. Die Zahl der Flüchtlinge steigerte sich, laut van Vliet, in den letzten Jahren auf über 400 jährlich. Mit einer Verringerung dieser Zahl sei für die nächsten Jahre nicht zu rechnen. Dies stelle die Stadt vor erhebliche Probleme. Allein die Unterbringung der Flüchtlinge sei extrem schwierig. Nach der Wiedereröffnung alter - bereits stillgelegter - Unterkünfte, sei die Stadt Ludwigshafen am Ende ihrer Kapazitäten angekommen. Die Stadt besitze keine Immobilien mehr, die sich zur Unterbringung von Flüchtlingen eigneten. Der Bau eines Heims aus Wohncontainern sei deshalb fast unausweichlich, da andere Gebäude nicht rechtzeitig zur Verfügung stünden.

 

Auch van Vliet bedauert das Ausmaß der so genannten „zentralen Unterbringung“ von Flüchtlingen. Das hieße, viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Geschichten und Vergangenheiten aus unterschiedlichen Kulturen auf engem Raum zusammen wohnen zu lassen. „Wir dürfen nicht den Fehler machen, die Flüchtlinge als einheitliche Masse zu betrachten“, sagte van Vliet und wies darauf hin, dass hier viele Einzelschicksale eigentlich einer besonderen Betreuung bedürften. Die soziale Betreuung der aufgenommenen Menschen müsste sehr viel stärker durchgeführt werden. Es kämen Kinder in die Schulen, ohne ein Wort Deutsch zu verstehen. Auch für dringend notwendige Deutschkurse fehlte das Geld. Hier seien Bund und Land in der Pflicht, die Städte zu unterstützen. Der so genannte Flüchtlingsgipfel in Berlin sei gescheitert.

 

Nach Einspielung eines SWR-Videos zu dem Thema entwickelte sich eine lange, sachliche und engagierte Diskussion mit den Jusos Ludwigshafen und weiteren Gästen aus der Partei. Dabei zeigte sich, dass sich die Genossen gerade angesichts der unbefriedigenden Wirklichkeit mit den Zuständen nicht zufrieden geben wollen. Van Vliet stellte fest, dass unabhängig von der Frage der dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge in der Gesellschaft keine „Willkommenskultur“ herrschte. Die Gesellschaft sei nicht offen für Neuankömmlinge. Er rät den Jusos sich auf die Ankömmlinge zuzubewegen und sich die konkreten Schicksale der Menschen erzählen zu lassen.

 

Hierbei rannte er bei den Jusos offene Türen ein. Für die nächsten Sitzungen der Jusos-LU (01.12.2014 / 15.12.2014) ist ein Gespräch mit Flüchtlingen in der Katerschmiede geplant. Hierzu laden wir die Leser dieses Berichts herzlich ein.